Details Theater-AG Maria Ward-Schule Mainz |
Spiel um Job
Archibald MacLeish
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Aufführungstermine
18. Mai 2006, Gewölbekeller der MWS19. Mai 2006, Gewölbekeller der MWS 23. Mai 2006, Gewölbekeller der MWS 24. Mai 2006, Gewölbekeller der MWS |
Mitwirkende
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Jahrbuch MWS
Wer nur den lieben Gott lässt walten...
Die Theater AG der Maria Ward Schule spielt Archibald MacLeish: "Spiel um Job".
Was braucht man, um die ganze Welt darzustellen - Himmel, Hölle und die Erde?
Zwei verschieden hohe Podeste, einen Steg, zwei schäbige Haushaltsleitern, einen Tisch und sieben Stühle.
Was braucht man, um die künstliche Welt des Zirkus hervorzurufen?
Einen Bauchladen mit Popcorn und ein paar glänzende Luftballons.
Was braucht man, um ein amerikanisches Stück von 1958 für unsere Zeit zu
interpretieren und mit unseren europäischen Traditionen zu verbinden?
Einen Choral von 1657.
Der Autor Archibald MacLeish bekam für sein Stück "J.B." 1958
nicht nur den Pulitzer Preis, er musste sich auch dafür rechtfertigen,
dass er einen biblischen Stoff dramatisiert und modernisiert hatte.
In seiner Rechtfertigung schreibt er:
"Ich brauchte dringend eine alte Grundmauer, um darauf das zeitgenössische Stück zu errichten, das mir die letzten fünf Jahre im Sinn gelegen hat. Die Anlage der Geschichte Hiobs war die einzige mir bekannte, in die unser Zeitgeschehen hineingehen wollte," denn "...die ungeheuren, namenlosen Katastrophen, die im Verlauf zweier großer Kriege und mancher kleinerer über ganze Städte, ganze Völker hereinbrachen, haben die Unschuldigen mitsamt den Schuldigen zugrunde gerichtet - und das ohne irgendeinen 'Grund', den unser Verstand zu fassen vermöchte."
Als Schauplatz für sein Stück sieht der Autor ein leeres Zirkuszelt vor.
Nachts, nach der Vorstellung beschließen zwei alte, abservierte Schauspieler,
Zoisl und Haftiger, die als Popcorn- und Luftballonverkäufer ihr Leben fristen,
Gott und Satan zu spielen und das ungeheuerliche Spiel aufzuführen, in dem
Gott mit dem Teufel wettet und das Schicksal des frommen Job in die Hand
Satans legt. Gegenstand der Wette ist der unerschütterbare Glaube Jobs an
die Güte Gottes. Wenn sich die beiden Spieler Masken aufsetzen, sind sie
Gott und Teufel und sprechen die Texte aus dem Alten Testament. Wenn dann
aber Job und seine Familie erscheinen, kommen die keineswegs aus der Bibel.
MacLeish bricht die Spielebene "Zirkus" durch realistische, moderne
Szenen amerikanischen Lebens auf - die Katastrophen des Buches Hiob werden
durch Kriege, Unfälle und Verbrechen unserer Zeit ersetzt. Um das Stück als
"Spiel" zu erhalten, setzen "Gott" und "Satan"
immer wieder ihre Masken ab, kommentieren und diskutieren das Spiel, machen
Vermutungen über Jobs Verhalten und über das seiner Frau.
Doris Kaiser gelingt es auch 2006 ein Stück so zu spielen, als sei es für
eine Mädchengruppe und für den Gewölbekeller gemacht. Sie hat mit der
Theater AG das Stück genau gelesen und herausgearbeitet, was von diesem
Text, was von den szenischen Vorstellungen des Autors notwendig, was von
seinen Regieanweisungen wichtig ist. MacLeish schrieb sein Stück unter
dem Eindruck der beiden Weltkriege, an denen er teilgenommen hatte. Er
übertrug das Buch Hiob auf das amerikanische Leben. Die Inszenierung
erweitert das Stück ins Allgemeine, indem sie das Amerikanische und den
Naturalismus stark zurücknimmt und vor allem durch die Wahl der Musik.
Von Anfang an untermalt, unterbricht, kommentiert Hildegard Windfelder
mit sonorem Celloton die Handlung mit dem Choral "Wer nur den lieben
Gott lässt walten". Den Text und die Melodie hat Georg Neumark 1657
geschrieben. Sein Kriegserlebnis war der Dreißigjährige Krieg. Am Ende
der ersten Spielszene singen die Kinder Jobs diesen Choral, als Ersatz
einer längeren Diskussion über den Glauben und die Dankbarkeit an Gott.
Von da an ist dem Zuschauer auch der Text vertraut und immer wenn die
Melodie erklingt, kann er den Text assoziieren. Durch diese großartige
Idee wird das Stück nicht nur strukturiert, auch viele erklärende
Textstellen werden überflüssig. Vermutlich ist der Zuschauer deshalb so
von der Aufführung gefesselt, weil er durch dieses aktive Hören an der
Interpretation beteiligt wird.
Ebenso fesselnd ist es aber auch, dem intensiven und konzentrierten Spiel
der Schülerinnen zuzusehen. Susanne Kessel - Zoisl/Gott und Carina Pika -
Haftiger/ Satan sind mit den Rollen der beiden Spielmacher betraut. Sie
bewältigen die Riesenrollen mit großer Ausdrucksbreite. Mit leichter
Betonung der Verse trennen sie ihre Szenen von den Spielszenen. Da sie
immer auf der Bühne sind, beeinflussen sie mit ihrer Präsenz die Aufführung
deutlich. Wenn sie nicht mehr weiter wissen, oder nicht mehr weiter wollen,
führt sie bei MacLeish eine "ferne Stimme" zurück in das Buch
Hiob. Im Gewölbekeller ist das eine nahe Stimme. Ein kleines Mädchen im
Kommunionkleid, Teresa Pika, spricht die Worte Gottes und nimmt der
Aufführung jeden metaphysischen Theaterdonner.
In den Spielszenen überträgt der Autor das Buch Hiob auf unsere Zeit. Job
ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, Millionär, er hat eine schöne Frau
und fünf reizende Kinder. Im Text des Stückes und in den Regieanweisungen
werden der Reichtum und der Luxus deutlich dargestellt. In der Aufführung
wird das alles zurückgenommen. Das üppige Mahl wird auf Brot und Wein
reduziert, die reiche Dekoration auf ein weißes Tischtuch. Wenn dann die
Katastrophen über die Familie hereinbrechen, werden die Stühle der Kinder
umgelegt, der Tisch entfernt. Das genügt um Zerstörung und Tod erfahrbar
zu machen.
Johanna Edler spielt Job. Es gelingt ihr zuerst ein fröhliches Gottvertrauen
zu zeigen, das sie mit gefasster "Männlichkeit" durch die
folgenden Schrecken rettet, immer gestützt durch den Choral. Rebekka Lang
spielt Sarah, Jobs Weib. Mit erstaunlicher Bühnenpräsenz rührt sie nicht
nur im Leiden, mehr noch macht sie den Schluss glaubhaft. In der Bibel
wird Job mit dürren Worten sein vorheriges Leben zurückgegeben. Bei MacLeish
wird thematisiert, wieso Menschen immer weiter machen, das Leben wieder
leben. Sarah bringt den zweifelnden Job dazu, sein Leben wieder aufzunehmen,
es wieder anzunehmen, sie singt das Lied der Liebe zum Leben.
Judith Maurer, Marie-Theres Pietschmann, Dorothea Möhring, Paticia Sieck
und Antonia Regis spielen Jobs fröhliche Kinderschar, die auch anrührend
zu singen versteht. Später geben sie noch die Nachbarinnen, die Jobs
tiefstes Elend kommentieren. Frauke Pfeifer und Anja Rode sind die
verschiedenen Boten, die die Nachrichten vom Tode der Kinder bringen.
Sie spielen Soldaten, Sensationsreporter, in dieser Szene von Daria
Kelnhofer als Lockvogel unterstützt, Polizisten und Sanitäter. Die
verschiedenen Rollen werden mit geringen Kostümwechseln, nur durch
verschiedenes Spiel auseinander gehalten. Zophar, Eliphas und Bildad,
die wortreichen "Freunde" Jobs aus der Bibel, sind hier ein heruntergekommener
Pfarrer, ein verkommener Wissenschaftler und ein abgehalfterter Politiker,
die ihre üblichen Phrasen dreschen, die sie als Lebenshilfe verstanden
wissen wollen. Julia Regis, Danja Höhn und Stephanie Schüler vermeiden nahe
liegende Karikaturen und entlarven durch ihr ernsthaftes Spiel die üblen
Figuren viel mehr.
Constanze Wriedt hat souffliert, Anja Rode und Frauke Pfeifer steuerten die
Beleuchtung und die Lichteffekte bei.
Auch im elften Jahr ihrer Theatertätigkeit ist es Doris Kaiser gelungen
ein Stück so zu bearbeiten und zu inszenieren, dass es den Zuschauer nicht
nur anrührt, sondern ihn auch zum Nachdenken anregt. Vielleicht sollte
man auch das Buch Hiob einmal lesen. Das wäre schön.
Wolfgang Bachtler |
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