Details
Theater-AG
Maria Ward-Schule Mainz
Archibald MacLeish
Aufführungstermine
18. Mai 2006, Gewölbekeller der MWS
19. Mai 2006, Gewölbekeller der MWS
23. Mai 2006, Gewölbekeller der MWS
24. Mai 2006, Gewölbekeller der MWS
Mitwirkende
Zoisl Susanne Kessel 13Bi2
Haftiger Carina Pika 13E2
Eine ferne Stimme Teresa Pika 5d
Job Johanna Edler 11M2
Sarah Rebekka Lang 12D2
David, dreizehn Jahre Judith Maurer 9d
Marie, zwölf Jahre Marie-Theres
Pietschmann 12Bi2
Jonathan, zehn Jahre Dorothea Möhring 10c
Ruth, acht Jahre Patricia Sieck 9e
Rebekka, sechs Jahre
Antonia Regis 7a
Erster Bote Frauke Pfeiffer 13M2
Zweiter Bote Anja Rode 9d
Mädchen Daria Kelnhofer 10b
Frau Adams Judith Maurer 9d
Jolly Adams Antonia Regis 7a
Frau Lesure Marie-Theres
Pietschmann 12Bi2
Frau Botticelli Dorothea Möhring 10c
Frau Murphy Patricia Sieck 9e
Zophar Julia Regis 11D2
Eliphas Danja Höhn 10c
Bildad Stephanie Schüler 12F2
Violoncello
Hildegard Windfelder 8b
Souffleuse Constanze Wriedt 10a
Licht Frauke Pfeiffer 13M2,
Anja Rode 9d
Bühnenbild, Kostüme Theater-AG
Plakat
Julia Regis 11D2,
Stephanie Schüler 12F2
Textbearbeitung
Theater-AG
Regie
Doris Kaiser
Jahrbuch MWS
Wer nur den lieben Gott lässt walten...
Die Theater AG der Maria Ward Schule spielt Archibald MacLeish: "Spiel um Job".
Was braucht man, um die ganze Welt darzustellen - Himmel, Hölle und die Erde?
Zwei verschieden hohe Podeste, einen Steg, zwei schäbige Haushaltsleitern, einen Tisch und sieben Stühle.
Was braucht man, um die künstliche Welt des Zirkus hervorzurufen?
Einen Bauchladen mit Popcorn und ein paar glänzende Luftballons.
Was braucht man, um ein amerikanisches Stück von 1958 für unsere Zeit zu interpretieren und mit unseren europäischen Traditionen zu verbinden?
Einen Choral von 1657.
Der Autor Archibald MacLeish bekam für sein Stück "J.B." 1958 nicht nur den Pulitzer Preis, er musste sich auch dafür rechtfertigen, dass er einen biblischen Stoff dramatisiert und modernisiert hatte. In seiner Rechtfertigung schreibt er:
"Ich brauchte dringend eine alte Grundmauer, um darauf das zeitgenössische Stück zu errichten, das mir die letzten fünf Jahre im Sinn gelegen hat. Die Anlage der Geschichte Hiobs war die einzige mir bekannte, in die unser Zeitgeschehen hineingehen wollte,"
denn
"...die ungeheuren, namenlosen Katastrophen, die im Verlauf zweier großer Kriege und mancher kleinerer über ganze Städte, ganze Völker hereinbrachen, haben die Unschuldigen mitsamt den Schuldigen zugrunde gerichtet - und das ohne irgendeinen 'Grund', den unser Verstand zu fassen vermöchte."
Als Schauplatz für sein Stück sieht der Autor ein leeres Zirkuszelt vor. Nachts, nach der Vorstellung beschließen zwei alte, abservierte Schauspieler, Zoisl und Haftiger, die als Popcorn- und Luftballonverkäufer ihr Leben fristen, Gott und Satan zu spielen und das ungeheuerliche Spiel aufzuführen, in dem Gott mit dem Teufel wettet und das Schicksal des frommen Job in die Hand Satans legt. Gegenstand der Wette ist der unerschütterbare Glaube Jobs an die Güte Gottes. Wenn sich die beiden Spieler Masken aufsetzen, sind sie Gott und Teufel und sprechen die Texte aus dem Alten Testament. Wenn dann aber Job und seine Familie erscheinen, kommen die keineswegs aus der Bibel. MacLeish bricht die Spielebene "Zirkus" durch realistische, moderne Szenen amerikanischen Lebens auf - die Katastrophen des Buches Hiob werden durch Kriege, Unfälle und Verbrechen unserer Zeit ersetzt. Um das Stück als "Spiel" zu erhalten, setzen "Gott" und "Satan" immer wieder ihre Masken ab, kommentieren und diskutieren das Spiel, machen Vermutungen über Jobs Verhalten und über das seiner Frau.
Doris Kaiser gelingt es auch 2006 ein Stück so zu spielen, als sei es für eine Mädchengruppe und für den Gewölbekeller gemacht. Sie hat mit der Theater AG das Stück genau gelesen und herausgearbeitet, was von diesem Text, was von den szenischen Vorstellungen des Autors notwendig, was von seinen Regieanweisungen wichtig ist. MacLeish schrieb sein Stück unter dem Eindruck der beiden Weltkriege, an denen er teilgenommen hatte. Er übertrug das Buch Hiob auf das amerikanische Leben. Die Inszenierung erweitert das Stück ins Allgemeine, indem sie das Amerikanische und den Naturalismus stark zurücknimmt und vor allem durch die Wahl der Musik. Von Anfang an untermalt, unterbricht, kommentiert Hildegard Windfelder mit sonorem Celloton die Handlung mit dem Choral "Wer nur den lieben Gott lässt walten". Den Text und die Melodie hat Georg Neumark 1657 geschrieben. Sein Kriegserlebnis war der Dreißigjährige Krieg. Am Ende der ersten Spielszene singen die Kinder Jobs diesen Choral, als Ersatz einer längeren Diskussion über den Glauben und die Dankbarkeit an Gott. Von da an ist dem Zuschauer auch der Text vertraut und immer wenn die Melodie erklingt, kann er den Text assoziieren. Durch diese großartige Idee wird das Stück nicht nur strukturiert, auch viele erklärende Textstellen werden überflüssig. Vermutlich ist der Zuschauer deshalb so von der Aufführung gefesselt, weil er durch dieses aktive Hören an der Interpretation beteiligt wird.
Ebenso fesselnd ist es aber auch, dem intensiven und konzentrierten Spiel der Schülerinnen zuzusehen. Susanne Kessel - Zoisl/Gott und Carina Pika - Haftiger/ Satan sind mit den Rollen der beiden Spielmacher betraut. Sie bewältigen die Riesenrollen mit großer Ausdrucksbreite. Mit leichter Betonung der Verse trennen sie ihre Szenen von den Spielszenen. Da sie immer auf der Bühne sind, beeinflussen sie mit ihrer Präsenz die Aufführung deutlich. Wenn sie nicht mehr weiter wissen, oder nicht mehr weiter wollen, führt sie bei MacLeish eine "ferne Stimme" zurück in das Buch Hiob. Im Gewölbekeller ist das eine nahe Stimme. Ein kleines Mädchen im Kommunionkleid, Teresa Pika, spricht die Worte Gottes und nimmt der Aufführung jeden metaphysischen Theaterdonner.
In den Spielszenen überträgt der Autor das Buch Hiob auf unsere Zeit. Job ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, Millionär, er hat eine schöne Frau und fünf reizende Kinder. Im Text des Stückes und in den Regieanweisungen werden der Reichtum und der Luxus deutlich dargestellt. In der Aufführung wird das alles zurückgenommen. Das üppige Mahl wird auf Brot und Wein reduziert, die reiche Dekoration auf ein weißes Tischtuch. Wenn dann die Katastrophen über die Familie hereinbrechen, werden die Stühle der Kinder umgelegt, der Tisch entfernt. Das genügt um Zerstörung und Tod erfahrbar zu machen.
Johanna Edler spielt Job. Es gelingt ihr zuerst ein fröhliches Gottvertrauen zu zeigen, das sie mit gefasster "Männlichkeit" durch die folgenden Schrecken rettet, immer gestützt durch den Choral. Rebekka Lang spielt Sarah, Jobs Weib. Mit erstaunlicher Bühnenpräsenz rührt sie nicht nur im Leiden, mehr noch macht sie den Schluss glaubhaft. In der Bibel wird Job mit dürren Worten sein vorheriges Leben zurückgegeben. Bei MacLeish wird thematisiert, wieso Menschen immer weiter machen, das Leben wieder leben. Sarah bringt den zweifelnden Job dazu, sein Leben wieder aufzunehmen, es wieder anzunehmen, sie singt das Lied der Liebe zum Leben.
Judith Maurer, Marie-Theres Pietschmann, Dorothea Möhring, Paticia Sieck und Antonia Regis spielen Jobs fröhliche Kinderschar, die auch anrührend zu singen versteht. Später geben sie noch die Nachbarinnen, die Jobs tiefstes Elend kommentieren. Frauke Pfeifer und Anja Rode sind die verschiedenen Boten, die die Nachrichten vom Tode der Kinder bringen. Sie spielen Soldaten, Sensationsreporter, in dieser Szene von Daria Kelnhofer als Lockvogel unterstützt, Polizisten und Sanitäter. Die verschiedenen Rollen werden mit geringen Kostümwechseln, nur durch verschiedenes Spiel auseinander gehalten. Zophar, Eliphas und Bildad, die wortreichen "Freunde" Jobs aus der Bibel, sind hier ein heruntergekommener Pfarrer, ein verkommener Wissenschaftler und ein abgehalfterter Politiker, die ihre üblichen Phrasen dreschen, die sie als Lebenshilfe verstanden wissen wollen. Julia Regis, Danja Höhn und Stephanie Schüler vermeiden nahe liegende Karikaturen und entlarven durch ihr ernsthaftes Spiel die üblen Figuren viel mehr.
Constanze Wriedt hat souffliert, Anja Rode und Frauke Pfeifer steuerten die Beleuchtung und die Lichteffekte bei.
Auch im elften Jahr ihrer Theatertätigkeit ist es Doris Kaiser gelungen ein Stück so zu bearbeiten und zu inszenieren, dass es den Zuschauer nicht nur anrührt, sondern ihn auch zum Nachdenken anregt. Vielleicht sollte man auch das Buch Hiob einmal lesen. Das wäre schön.

Wolfgang Bachtler
 
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