Details
Theater-AG
Maria Ward-Schule Mainz
Karel Čapek
Fotos zur Aufführung
Werbefilm RUR
Aufführungstermine
1. Juni 2012, Gewölbekeller der MWS
5. Juni 2012, Gewölbekeller der MWS
6. Juni 2012, Gewölbekeller der MWS
Jahrbuch MWS
Von Menschen und Robotern

Die Theater-AG der Maria Ward-Schule spielt RUR von Karel Čapek.
Die Spielerinnen der Theater AG haben sich unter Anleitung ihrer Leiterin Doris Kaiser wieder ein relativ unbekanntes Stück ausgesucht und für die Möglichkeiten des Gewölbekellers und für die Besetzungsmöglichkeiten des Ensembles bearbeitet. Doris Kaiser hat mit ihrer Arbeit ja schon öfter gezeigt, dass das Schultheater dann am überzeugendsten ist, wenn es nicht versucht, das "richtige" Theater nachzuahmen, sondern eigene Möglichkeiten erprobt, unbekannte Stücke wieder zur Diskussion stellt, durch intensive Arbeit an den Texten sich diese anverwandelt.
Der Prager Expressionist Karel Čapek (1890 - 1938) schuf mit seinem "Kollektivdrama" RUR, das er nach dem Ersten Weltkrieg schrieb und das 1920 uraufgeführt wurde, Zukunftsbilder, die gerade heute eine bemerkenswerte Aktualität besitzen und zahlreiche dramatische Visionen der zerstörerischen Kraft des Menschen in einem technischen und mechanisierten Zeitalter angeregt haben. Da das Stück in Amerika viel öfter als in Europa gespielt wird, es gehört dort zum Repertoire des Schultheaters, sind seine Spuren viel öfter in Hollywood als im Theater zu finden. Wir denken an die vielen Filme, die sich mit künstlichen Menschen und ihrem Missbrauch beschäftigen, mit Klonkriegern und Kampfmaschinen und ihre Überwindung.
Im Gewölbekeller ist die Bühne auf der Seite aufgebaut. Wenn das Publikum den Saal betritt, läuft ein "Werbefilm" für Rossum`s Universal Robots. Da dieser Film, eine eindrucksvolle Arbeit von Malena Große, an "Matrix" und "Metropolis" erinnert, sind die Assoziationen sofort hergestellt.
Das Bühnenbild ist weiß, futuristische Sitzgelegenheiten mit dem Firmenlogo sind die einzigen Ausstattungsstücke. Die Menschen tragen Alltagskleidung, die Roboter tragen schwarze Hosen oder Röcke und rote Uniformhemden.
Das Stück hat ein Vorspiel, das zehn Jahre vor den drei Akten der eigentlichen Handlung spielt. In diesem Vorspiel kommt Helena Glory, die Tochter des Firmenpräsidenten auf die Insel, auf der in einer Fabrik Roboter gefertigt und in die ganze Welt verkauft werden. Diese Wesen ohne Seele, ohne belastende Gefühlswelt sollen, ohne dass man auf sie soziale Rücksicht zu nehmen braucht, den Menschen dienen. Helena kommt als Abgeordnete der Liga für Menschenrechte, um die Roboter zu befreien. Dieses Vorspiel zeigt sehr wortreich die Faszination, die eine schöne junge Frau auf die Wissenschaftler ausübt, die in dem dämonisch wirkenden Unternehmen auf der einsamen Insel, dessen Arbeiter und Büropersonal auch aus Robotern bestehen, ganz ohne weibliche Gesellschaft leben müssen. Da dies mit nur weiblichen Schauspielerinnen kaum darzustellen ist, streicht Doris Kaiser in ihrer klugen Strichfassung dieses Motiv ganz, auch die sehr ausführlichen Diskussionen, die Helena mit den einzelnen Ressortleitern über die "Rechte" der künstlichen "Menschen" führt, sind stark reduziert. Denn diese Diskussionen, die 1920 neu und wichtig waren, werden seitdem immer wieder auf der ganzen Welt geführt und in Filmen dargestellt. Wenige Andeutungen genügen deshalb, um dem Zuschauer die Gedanken Čapeks klar zu machen. Auch dass sich Helena in den Fabrikchef Domin verliebt und bei ihm auf der Insel bleibt, wird nur als Tatsache im eigentlichen Stück dargestellt und nicht wie im Original ausführlich motiviert.
Helena, souverän und mit großer Ausstrahlung von Rebecca Sall dargestellt, bleibt also auf der Insel, gibt aber ihren Plan, die Roboter zu befreien nicht auf. Ihr Ehemann Harry Domin liebt sie sehr, behandelt sie aber wie ein Kleinod, das schön und kostbar ist, das man jedoch vor den Geschäften und Widrigkeiten der Welt verschonen muss. Antonia Regis zeigt diesen Macher in seiner Besessenheit für das Machbare sehr glaubhaft und vermeidet geschickt, ihn unsympathisch zu zeigen, was ja möglich wäre. Er erhöht die Produktion, die Menschen fordern immer mehr Roboter, mit den Maschinenmenschen werden schon Kriege geführt. Auch wenn die Wissenschaftler immer mehr an ihrer Tätigkeit zweifeln, können sie sich nicht aus ihrer Situation befreien. Elisa Diesel spielt Fabry, den technischen Direktor, Nicola Zimmermann Dr. Gall, den Leiter der Forschungsabteilung, Paulina Knodel ist Dr. Hallemayer, der Psychologe, Katrin Rode gibt den Finanzchef Busman, der gar nichts versteht und bis zum bitteren Ende nur seine Bilanzen im Kopf hat. Christina Becker spielt den Architekten und Künstler Alquist, der dem Unternehmen sehr skeptisch gegenübersteht und sein Unbehagen durch körperliche Arbeit kompensieren will. All diese Männer können sich und Helena nicht helfen, sie nimmt ihr Anliegen daher selber in die Hand. Da sie begriffen hat, dass die Roboter nur hoch spezialisierte physische und intellektuelle Anlagen haben, dass man sie eher sezieren und verschrotten kann, als ihnen einen Begriff ihrer "Menschenrechte" zu geben, bittet sie Dr. Gall, den Leiter der Forschungsabteilung, die Roboter menschenähnlicher zu machen. Da Helena immer noch die einzige Frau auf der Insel ist (ihre alte Haushälterin taugt nicht zu erotischen Fantasien) und Gall von ihr ebenso fasziniert ist wie die anderen Männer, stellt er ihr zu Gefallen einige Hundert Überroboter her, denen er auch die Fähigkeit zu Gefühlen eingegeben hat. Damit nimmt das Verhängnis seinen Lauf.
In der Welt, in der die Roboter den Menschen ein Paradies auf Erden schaffen sollten, erheben sich die Menschenmaschinen gegen ihre Besitzer, verweigern die Arbeit, erschlagen in ihrer neuen Fähigkeit zu Hass und Machtbegierde alle Menschen.
Diese Katastrophen werden in der Art klassischer Dramen durch "Botenberichte" und später durch das Stilmittel der "Mauerschau" dargestellt, was den reduzierten Möglichkeiten des Gewölbekellers sehr entgegen kommt, zumal hier Musik und Geräusche sehr illustrativ eingesetzt werden.
Domin und die anderen Wissenschaftler halten die Ereignisse von Helena fern, sie wollen sie einerseits nicht damit belasten, halten sie andererseits aber auch nicht für intellektuell genug, die Ereignisse und die Folgen zu begreifen. Schon als die Evakuierung mit einem Kriegsschiff geplant ist, wird sie nur als "Ausflug" angekündigt.
Doch Helena hat schon lange selbst die Initiative ergriffen. In einer großen Szene diskutiert sie mit ihrer alten Nana die Situation, in die sich die Menschen mit den Robotern gebracht haben. Marcena Kortsik zeigt Nana sehr handfest und zupackend. Dabei zeigt sich, dass die beiden Frauen mit weiblicher Intuition und gesundem Menschenverstand die Lage klarer und besser beurteilen, als die Männer mit ihrem blinden Fortschrittsglauben. Helena lässt Nana die Pläne und Formeln zur Herstellung der Roboter verbrennen.
Auch auf der Insel rotten sich die Roboter zusammen. Die geheim gehaltenen Rezepte, an denen den Robotern viel gelegen sein muss, da sie das Geheimnis ihrer Herstellung nicht kennen und nur eine begrenzte Lebensdauer haben, könnten nun als Lösegeld für einen zweifelhaften Frieden dienen, doch die Roboter stürmen die Villa und erschlagen alle Menschen bis auf Alquist.
Der letzte Akt gehört den Robotern. Spielten Helena Wang, Ellen Kneib, Theresa Stroh, Alina Heider und Anna Beutel im Vorspiel und im ersten Akt die Roboter sehr diszipliniert, ganz ohne Gefühl und mit mechanischen Bewegungen, so werden sie jetzt freier und individueller und zeigen ihr erwachtes Bewusstsein. Sie verlangen von Alquist, dass er im Labor das Geheimnis der Roboterherstellung wiederentdecken soll. Sie sind auch bereit sich sezieren zu lassen, wenn ihre Zusammensetzung nur so zu erforschen ist. Alquist bestellt die schöne Überroboterin Helena, die Gall nach dem Vorbild Helena Glorys konstruiert hat, zur Vivisektion ins Labor und nun geschieht das Unerwartete und Wunderbare, der Überroboter Primus bietet sich an, an Helenas Stelle seziert zu werden, sie aber will von dem Opfer nichts wissen. Die Liebe ist wieder in der Welt. Helena Glorys Mission ist erfüllt: Die Liebe hat den neuen Menschen geboren, er wird kein Roboter mehr sein und keine Roboter mehr konstruieren. Malena Große und Larissa Niessen spielen das junge Paar sehr anrührend ohne jeden Kitschverdacht. Der letzte Text, der das Stück abschließt, ist Alquists Dankgebet. Das wirkliche Ende ist die grandiose Schlussmusik von Christoph Wirges, der schon das ganze Stück mit Geräuschen und Musik begleitet, gesteigert und akzentuiert hat.
Großer, dankbarer Beifall.
Wolfgang Bachtler, Neustadt/Weinstraße
Mitwirkende
Harry Domin, Generaldirektor
Antonia Regis 13D2
der RUR
Ingenieur Fabry, Technischer Elisa Diesel 10e
Generaldirektor der RUR
Dr. Gall, Leiter physiologische Nicola Zimmermann 12Bi2
und Forschungsabteilung der RUR
Dr. Hallemeier, Leiter Instituts Paulina Knodel 12Ge2
Psychologie und Erziehung der RUR
Konsul Busmann, Generalkommerz- Katrin Rode 12E2
direktor der RUR
Architekt Alquist, Bauchef der RUR Christina Becker 12Ch2
Helena Glory Rebecca Sall 13Ge2
Nána, ihre Amme Marcena Kortsik 12Ge
Marius, Roboter Helena Wang 9d
Sulla, Roboterin Ellen Kneib 9e
Radius, Roboter Theresa Stroh 7e
Damon, Roboter Alina Heider 8d
Roboter Primus Larissa Niesen 10e
Roboterin Helena Malena Große 10f
Roboterdiener
Anna Beutel 8e
Werbefilm RUR Malena Große 10f
Musik und Geräusche Christoph Wirges
Souffleuse
Maike Schmidt 13Ek2
Lichttechnik Katrin Rode 12E2,
Christina Becker 12Ch2,
Larissa Niesen 10e,
Theresa Stroh 7e
Bühnenbild, Kostüme, Plakat
Theater-AG
Textbearbeitung
Theater-AG
Regie
Doris Kaiser
 

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