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Theater-AG Mai 2016
Maria Ward-Schule Mainz
Max Frisch

Intro "Biedermann..."
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Fotos zur Aufführung
Aufführungstermine
20. Mai 2016, Gewölbekeller der MWS
24. Mai 2016, Gewölbekeller der MWS
25. Mai 2016, Gewölbekeller der MWS
Jahrbuch MWS
"Viel kann vermeiden Vernunft"

Die Theater-AG der Maria Ward Schule spielt "Biedermann und die Brandstifter" von Max Frisch

Was soll man mehr bewundern? Die erstaunliche Textfassung von Frischs Stück, die Doris Kaiser mit den Schülerinnen erarbeitet hat, oder die mitreißende Aufführung, die die jungen Damen im Gewölbekeller gezeigt haben?
Seit 21 Jahren richtet sich Doris Kaiser die Texte, die den Aufführungen zugrunde liegen, für die Möglichkeiten der Theater AG ein.
Diesmal ist nicht nur fast die Hälfte des Textes gestrichen, auch eine Person fällt weg, dafür ist der Text des Brandstifters Schmitz auf zwei Personen verteilt worden, Schmitz und Meyer, auf den Intellektuellen Dr. Phil wird verzichtet. Auch das Nachspiel in der Hölle ist ganz gestrichen. Auch die häuslichen Verrichtungen, mit denen sich Dienstmädchen und Ehefrau beschäftigen und die die Normalität des Haushaltes zeigen sollen, sind auf Tischdecken und Abräumen beschränkt. Trotzdem wird in dieser Aufführung für Gewölbekellerverhältnisse erstaunlich viel mit Requisiten gearbeitet.
Schauplatz der Handlung ist das Haus des Haarwasserfabrikanten Gottlieb Biedermann. Sein Wohnzimmer ist auf der einen Längsseite des Kellers, gegenüber ist der Dachboden des Hauses, in dem die Brandstifter untergebracht sind und wo sie ihre Benzinkanister lagern. Dazwischen sitzt das Publikum. Elisa Diesel, die mit erstaunlicher Präsenz den Biedermann spielt, wechselt zwischen den Schauplätzen. Dabei spielt sie mit großer Konzentration und zieht das Publikum, dem sie ganz nahe kommt, in ihren Bann. Eine sehr große Leistung.
Biedermann hält sich für einen Mann mit Durchblick. Er glaubt, er habe die Lage im Griff. Wenn er in der Zeitung liest, wie die Brände sich ausbreiten, spuckt er große Töne und hat Vorschläge für Gegenmaßnahmen. Wenn er aber die Brandstifter sieht, wenn die Luntenleger an seinem Tisch sitzen, schiebt er aus Gründen der öffentlichen Gemütlichkeit und aus Feigheit und Angst die Regungen einer besseren Einsicht einfach weg.
Auch Babette, seine Frau, von Marie-Claire Hihn mit Charme und Eleganz gespielt, tönt nur gegen die Brandstifter, wenn sie nicht da sind. In ihrer Gegenwart verlässt sie der Mut, zumal die Bösewichte sie mit Erzählungen ihrer schlimmen Kindheit einwickeln. Zum Haushalt gehört noch Anna, das Dienstmädchen. Marie Leonie Schnaubelt spielt die Rolle sehr genau. Anna wird nur herumgescheucht, niemand erklärt ihr etwas, alle Willkürlichkeiten ihrer Herrschaft soll sie aushalten. An dieser Figur wird Biedermanns Haltung zu seinem Personal gezeigt. Wie er mit seinen Angestellten in der Fabrik umgeht, sehen wir, wenn er Knechtling empfiehlt sich umzubringen. Auch von der Witwe Knechtling, Marie Sophie Heider spielt die stumm trauernde Witwe mit großer Würde, lässt er sich nicht beeindrucken.
In diese Spießerwelt dringen nun die Brandstifter ein. Davina Meyer ist Schmitz, Natalie Schwabl ist Meyer. Später kommt noch Theresa Stroh als Eisenring dazu. Mit etwas verschliffenen Bewegungen wirken sie souveräner, mit schwarzen Ledermänteln und mit Frack sind sie auch noch eleganter als Biedermann. Alle drei spielen ihre Rollen ganz zurückgenommen, ganz verhalten, mit hinterhältiger Freundlichkeit. Sie stellen ihre schlimme Jugend aus, ihr schlimmes Schicksal: der Zirkus, in dem die Feuerschlucker arbeiteten, das Hotel, in dem der Oberkellner arbeitete, sind abgebrannt. Sie unterlaufen alle Versuche Biedermanns sie festzunageln, mit ihrem öligen Charme und ihrer vorgetäuschten Naivität. Sogar als ein Polizist kommt und die Situation klären will, haben sie Biedermann so im Griff, dass er die letzte Gelegenheit sich von ihnen zu befreien nicht nutzt.
Mit den Brandstiftern erklärt er den Inhalt der Kanister zu Haarwasser.
Mit dieser kleinen Rolle des Polizisten, den Rebecca Niesen sehr ansprechend spielt, zeigt Frisch die Überforderung der Staatsgewalt mit dieser Bedrohung umzugehen.
Die Brandstifter erklären Biedermann die Technik des Brandstiftens, Eisenring lässt ihn die Zündschnur ausrollen, aber er will immer noch nicht wahrhaben, dass in seinem Haus schon die Brandstifter sind und auf seinem Dachboden das Benzin lagern.
Wie in einer antiken Tragödie spielt in diesem Stück der Chor eine große Rolle. Es gibt Aufführungen des Stücks, in denen der Chor gestrichen ist oder durch groteske Kostümierungen lächerlich gemacht wird. Nicht im Gewölbekeller. Charlotte Köhler spielt den Chorführer, Sophie Anselmann, Rebecca Niesen, Lisa-Julie Ferdinand, Marie Sophie Heider, Sophie Stich und Sylva Michna geben den Chor der Feuerwehrleute. Dass hier Feuerwehrleute gemeint sind, wird mit roten Hemden und Stiefeln kenntlich gemacht. Hinter dem Publikum auf Podien platziert oder als Zeichen des Szenewechsels auf der Hauptbühne kommentieren sie die Handlung oder geben Ratschläge. Wie intensiv Doris Kaiser mit den Spielerinnen gearbeitet hat, hört man daran, dass die Mädchen wie mit einer Stimme sprechen. Wie die Chöre in den antiken Tragödien weiß auch dieser Chor immer alles besser, kommt aber wie in der Antike zum Helfen immer zu spät. Der Chor spricht in Versen, dadurch und durch das chorische Sprechen und die synchronen Auftritte bekommt der Chor etwas Liturgisches. Sätze wie "Feuergefährlich ist viel, aber nicht alles, was feuert, ist Schicksal, unabwendbares," verstärken den sakralen Eindruck noch. Der Chor ist hier der wirkliche Gegenspieler zu den Figuren des Spiels, er warnt und klärt auf, doch die Biedermänner hören nicht. Das Unheil nimmt seinen Lauf. Noch als Biedermann den Brandstiftern die Streichhölzer gibt, wiegelt er ab, redet sich heraus. Die Vernunft, mit der viel zu vermeiden gewesen wäre und die der Chor immer wieder einfordert, kommt nicht zum Tragen. Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer.
Die Katastrophe ist da. Die Stadt brennt ab. In völliger Dunkelheit wird mit Verdis Requiem der Tag des Zornes dargestellt, über die Musik sind noch die Martinshörner der Feuerwehr und die Explosionen der Gasometer gelegt.
Langer, dankbarer und begeisterter Beifall für Spielerinnen und Regisseurin, in den auch Layla Liliana Simon, die soufflierte, und Isolde Sellin, die sehr präzise Ton und Licht bediente, einbezogen wurden.
Wolfgang Bachtler, Neustadt/Weinstraße
Mitwirkende
Gottlieb Biedermann
Elisa Diesel 13Ek2
Babette, seine Frau Marie-Claire Hihn 12B2
Anna, ein Dienstmädchen Marie Leonie Schnaubelt 10e
Schmitz, ein Feuerschlucker Davina Meyer 10a
Meyer, ein Feuerschlucker Natalie Schwabl 12E2
Eisenring, ein Kellner Theresa Stroh 11B2
Ein Polizist Rebecca Niesen 9e
Witwe Knechtling Marie Sophie Heider 8f
Chorführer Charlotte Köhler 10e
Chor der Feuerwehrleute
Sophie Anselmann 9a
Rebecca Niesen 9e
Lisa-Julie Ferdinand 8c
Marie Sophie Heider 8f
Sophie Stich 8f
Sylvia Michna 7b
Souffleuse
Layla Liliana Simon 11D2
Ton und Licht
Isolde Sellin 9c
Bühnenbild, Kostüme, Plakat
 
Theater-AG
Regie
Doris Kaiser
Materialien
Max Frisch: Biedermann und die Brandstifter. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2002 Georg Hensel, Spielplan, Schauspielführer von der Antike bis zur Gegenwart,
Band 2, Frankfurt am Main, Berlin 1987, S. 1013f
Wikipedia: Biedermann und die Brandstifter
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